Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund aktiver Demokraten e.V. Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund aktiver Demokraten e.V.

Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund aktiver Demokraten e.V. - Reichsbanner und Joachim Gauck gedenken Albert Schulz

08.04.2025  • 
Landesverband Berlin-Brandenburg

Reichsbanner und Joachim Gauck gedenken Albert Schulz

Im Rahmen der gut besuchten Veranstaltung am 22. März 2025 erinnerten die Reichsbanner-Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern, Friedrich-Ebert-Stiftung Mecklenburg-Vorpommern und die Albert-Schulz-Stiftung des Reichsbanner-Funktionärs und ehemaligen Rostocker Oberbürgermeisters. Es sprach Bundespräsident a.D. Joachim Gauck.

Bericht von Markus Rittner, Landessprecher Mecklenburg-Vorpommern

Heute vor 92 Jahren beschloss der Reichstag zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft und gegen die Stimmen der SPD das Ermächtigungsgesetz und schaffte mithin zugleich wesentliche Teile der Weimarer Verfassung ab. Unvergessen der Ausruf unseres Kameraden Otto Wels: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen – die Ehre aber nicht!“ Da saßen andere Kameraden des Reichsbanners längst in den Gefängnissen der Nazis. Drei Tage zuvor wurde Albert Schulz, Vorsitzender der SPD in Rostock und einziger Gauführer des Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold in Mecklenburg und Lübeck bis 1933, erstmals von den Nationalsozialisten verhaftet.

Albert Schulz, ein Rostocker Sozialdemokrat und 1946-49 Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock, war in den 1920er Jahren Mitbegründer des überparteilichen Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, das sich aktiv für den Erhalt der Weimarer Demokratie einsetzte. Schulz kämpfte entschieden gegen den Nationalsozialismus und wurde auch nach 1933 von den Nationalsozialisten mehrfach inhaftiert. Er gehörte er mit Willy Jesse zum Widerstandskreis um Julius Leber und wurde nach dem Krieg erster Bürgermeister der Hansestadt Rostock. Helmut Schmidt sagte über ihn: „Für einige erscheint heute die Aufhellung der Stasi und ihrer scheußlichen Aktivitäten als besonders wichtig. Dagegen erscheint mir die Erinnerung an die vorbildliche Haltung aufrechter Menschen unter der kommunistischen Diktatur viel wichtiger. Denn jedermann braucht in Wahrheit Vorbilder. Und Albert Schulz war ein Vorbild.“

Albert Schulz ist und bleibt für uns auch heute noch ein Held und herausragendes Vorbild. Daher stand dieses bedeutsame Wochenende ganz in seinem Andenken. Zunächst feierten wir am Freitag im geschichtsträchtigen Albert-Schulz-Haus gemeinsam mit der Historischen Kommission der SPD Mecklenburg-Vorpommern einen wundervollen Abend ganz im Lichte der Geschichte beider Veranstalter. Der Historiker und Archivar der Stadt Schwerin, Bernd Kasten, hielt im Beisein von Julian Barlen und unserer Kameradin Dr. Anna-Konstanze Schröder einen bemerkenswerten Vortrag zum Thema: „Wahlkämpfe und politische Gewalt in der Zeit von 1930 bis 1933 in Mecklenburg“. Hierbei gab es für uns zweierlei Dinge zu feiern: 1. Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold Mecklenburg-Vorpommern organisierte erstmals seit 92 Jahren wieder eine Veranstaltung in Rostock, und 2. wir konnten erstmals seit 92 Jahren eine kurz zuvor übergebende Reichsbannerfahne wieder in unseren Reihen wissen.

Am darauffolgenden Samstag luden wir dann gemeinsam mit der Albert-Schulz-Stiftung und der Friedrich-Ebert-Stiftung MV zu einer hochrangig besetzten Veranstaltung in das Rostocker Rathaus ein. 165 Gäste folgen dieser. Moderiert wurde diese von Anja Heyde, bekannte Fernsehmoderatorin und Journalistin. Unter dem Titel „Wehrhafte Demokratie oder demokratisch in den Abgrund? Albert Schulz, 1933 und heute“ widmeten sich die Vorträge und die Diskussion der aktuellen Lage der Demokratie in Deutschland und erinnerten an das Leben und Wirken des Demokratieverteidigers Albert Schulz. Die Veranstaltung würdigt sein Leben und seine Verdienste und sollte zur Diskussion über die Herausforderungen für die heutige Demokratie anregen.

Dr. Olaf Schulz-Gardyan, Enkel von Albert Schulz und Vorsitzender der Albert-Schulz-Stiftung, eröffnete die Veranstaltung. Sodann führte Dr. Meik Woyke, Historiker, Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung in das Leben und Wirken Albert Schulz in beeindruckender Art und Weise ein. Und dann kam für viele der Höhepunkt der Veranstaltung. Als Ehrengast sprach Joachim Gauck, Bundespräsident a.D., zur Lage der Demokratie heute, über die Bedrohungen und über den Schutz der freiheitlich-demokratischen Ordnung in Deutschland. Ein für alle beeindruckender Appell an die Freiheit. Herr Gauck faszinierte durch seine sehr offene, nahbare und sehr direkte Art. Viel zu selten hört man eine Rede eines Politikers, die zugleich amüsant aber auch auffordernd, ermutigend und emotional ist.

Im Anschluss folgte unter Einbindung des Publikums eine teilweise hochemotionale und ermutigende Podiumsdiskussion mit Christian Pegel (Innenminister MV), Julian Barlen (Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag), Dr. Meik Woyke (Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung) sowie Jochen Schmidt (Direktor, Landeszentrale für politische Bildung MV). Der Abend klang bei anregenden Gesprächen im Lichte der beiden Ausstellungen der FES und des Reichsbanners aus.

1972 schloss Albert Schulz seine Erinnerungen mit den Worten: „Mein Leben war bunt und wechselvoll. Aber ich sage ‚Ja‘ zu meinem Leben! Und wenn es möglich wäre, ich wäre bereit, mein Leben noch einmal zu leben mit allen Höhen und allen Tiefen. Allerdings unter einer Bedingung: noch einmal an der Seite meiner lieben, klugen, tapferen und einfühlsamen Frau Emmy geb. Munck.“

Ruhe in Frieden – du geliebter Held des Reichsbanners. Wir werden dich nie vergessen und in deinem Sinne unsere Arbeit fortsetzen und die Demokratie verteidigen.

„Freiheit!“

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